Rund 600 Fälle – So gelingt die telemedizinische Vernetzung bei Seltenen Erkrankungen
Höchstens 5 Betroffene unter 10.000 Menschen – nach diesem Kriterium gilt eine Krankheit als selten. Besonders schwierig gestaltet sich dabei die Diagnosestellung einer seltenen Erkrankung, da häufig die Expertise von Ärzten verschiedener medizinischer Fachgebiete gefragt ist. In Bayern gibt es hierfür 6 Zentren für seltene Erkrankungen (ZESE in Würzburg, Erlangen, Regensburg, Augsburg, und zweimal in München), die bereits seit 2018 mit uns im Zusammenschluss „BASE-Netz" die Versorgung von seltenen Erkrankungen mithilfe der Telemedizin neu gestalten. Nun durften wir die Ergebnisse und Erfahrungen mit unserem Online-Portal zur bayernweiten telemedizinischen Vernetzung der sechs Standorte auf der Nationalen Konferenz zu Seltenen Erkrankungen „NAKSE" vorstellen.
Digitale Patientenakte und Online-Portal als zentrale Komponenten
BASE-Netz ist eine IT-gestützte Lösung, die den Austausch medizinischer Informationen zwischen Patienten, behandelnden Ärzten sowie den ZESE erleichtert. Das Herzstück bildet die digitale Telemedizinakte, die nach datenschutzkonformer Einwilligung von allen Beteiligten, also Patienten, Ärzten oder anderen ZESE mit relevanten medizinischen Informationen gefüllt werden kann. Dadurch entstehen strukturierte Prozesse zur Abklärung unklarer Diagnosen und ein effizienter Weg, Patientendaten sicher über Einrichtungsgrenzen hinweg zur gemeinsamen Diagnosestellung zu teilen.
Die Patienten melden sich über die BASE-Netz-Webseite eigenständig am gewünschten ZESE an. Anschließend erfassen Sie mithilfe eines Online-Fragebogens Daten zu ihrer Krankheitsgeschichte und können medizinischen Dokumente wie Arztbriefe und Befunde hochladen. Die ZESE wiederum greifen über das Online-Portal auf die Daten zu und leiten entsprechende Maßnahmen ein. All diese Komponenten unterliegen den Richtlinien eines eigens entwickelten Datenschutzkonzeptes.
Patienten melden sich eigenständig– Rund 600 Fälle in 4 Jahren
Anlässlich der Postervorstellung auf der NAKSE hat das BASE-Netz-Team verschiedene Nutzungsdaten am Standort Würzburg evaluiert. Nach 4-jährigen Betrieb des Portals waren zum Stichtag im April 2025 599 aktive Fälle über BASE-Netz registriert. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt bei 43 Jahren, mit einer Spannweite von 1 bis 86 Jahren. Auffällig ist zudem, dass 62 Prozent der registrierten Personen weiblich sind. Ein Blick auf die Wohnorte zeigt den hohen Bedarf an telemedizinischer Vernetzung: 63 Prozent der Patienten wohnen mehr als 50 Kilometer von Würzburg entfernt, 34 Prozent sogar über 100 Kilometer. Von den rund 600 Fällen wurden 82 % von den Patienten selbst initiiert. Seltener erfolgte die Registrierung durch Angehörige (11 %) oder durch zuweisende Ärzte (7 %).
Patienten reichen Unterlagen vollständig digital ein – Nachfrage nach diagnostischer Abklärung hoch
Besonders hervorzuheben ist der hohe digitale Nutzungsgrad über das Portal. In über 80 % der Fälle wurden alle notwendigen Dokumente vollständig digital eingereicht. In den restlichen Fällen erfolgte eine teilweise papiergebundene Dokumentenübermittlung, hauptsächlich durch zuweisende Ärzte und seltener durch Betroffene.
Als Hauptgrund für die Kontaktaufnahme über das Portal wurde überwiegend der Wunsch nach einer diagnostischen Abklärung angegeben (81 %). Daneben suchten 15 % einen Expertenrat. In nur wenigen Fällen haben Patienten eine Zweitmeinung oder Sonstiges angefragt.
Weitere Funktionalitäten und Ausweitung möglich
Das Fazit des BASE-Netz-Konsortiums nach diesem Einblick in die Zahlen fällt positiv aus. Die Plattform ist erfolgreich in der Regelversorgung implementiert und wird von den Nutzern sehr gut angenommen. Auch wir als Teil des Steuerungsgremiums und Telemedizin-Experten sind mit den Abläufen und Prozessen im Zusammenschluss zufrieden. Der Ansatz bietet großes Potenzial für die Zukunft und kann für weitere Einrichtungen außerhalb Bayerns oder zusätzliche Krankheitsbilder weiterentwickelt und umgesetzt werden. Dementsprechend blicken wir gespannt auf die nächsten Meilensteine in BASE-Netz.
Weitere Infos zum Bayerischen Arbeitskreis Seltene Erkrankungen finden Sie auf der BASE-Netz-Webseite. Dort haben Sie auch die Möglichkeit sich selbst oder betroffen Angehörige zu registrieren.