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GMDS 2018: Qualitätscockpit in der Notfallmedizin

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Vom 02. bis zum 04.09.2018 findet die 63. GMDS-Jahrestagung 2018 unter dem Motto „Das Lernende Gesundheitssystem: forschungsbasiert, innovativ, vernetzend" in Osnabrück statt. Hier treffen sich u.a. Medizininformatiker, Epidemiologen, Bioinformatiker, Mediziner und Pflegewissenschaftler zum Austausch und zur Vernetzung.Das ZTM ist mit mehreren Beiträgen im Programm vertreten.

Am Montag, um 11:45 - 12:00 Uhr präsentiert Herr Patrick Eder den Beitrag "Qualitätscockpit in der Notfallmedizin - Ein sektorenübergreifendes Messinstrument in der digitalen Notfallversorgung". Autoren am ZTM sind Herr Patrick Eder und Herr Dr. Asarnusch Rashid. Weitere Autoren sind die Herren Oliver Meindl, Christian Regal  Prof. Dr. Henner Gimpel, Prof. Dr. Harald Dormann. ​Der Inhalt seines Beitrags beschreibt unten stehender Abstract.

Einleitung: Für eine adäquate und qualitativ hochwertige Versorgung von Akutpatienten ist die Zusammenarbeit von Rettungsdienst, Rettungsleitstelle und Krankenhaus unerlässlich. Das Bindeglied zwischen Rettung und stationärer Entlassung in der Notfallversorgungskette stellt die Zentrale Notaufnahme dar. Prozesse in der Notfallmedizin haben aufgrund des enormen Risikopotentials den Anspruch hoher Verlässlichkeit und Genauigkeit. Fehler in Diagnostik und Therapie sowie „Crowdingphasen" in Zentralen Notaufnahmen haben direkten Einfluss auf Mortalität und Morbidität [1,2].

Stand der Forschung: Die Messung der Qualität in der Notfallversorgung erfolgt derzeit über vereinzelte Indikatoren, die nur Teilabschnitte in der Notfallversorgung abbilden [3]. Eine sektorenübergreifende Betrachtung der Notfallrettungskette erfolgt derzeit nicht. Ein Erkenntnisgewinn über die Qualität der tatsächlichen Notfallversorgungskette vom Notarzt- und Rettungsdiensteinsatz bis zur Krankenhausentlassung ist somit aktuell nicht möglich.

Konzept: Elektronisch verfügbare Daten aus unterschiedlichen Informations- und Kommunikationssystemen in der Notfallversorgungskette werden herangezogen, um neue Qualitätsindikatoren zu entwickeln, aber auch, um bestehende Indikatoren besser zu berechnen und zu verstehen. Die Daten werden in einem sektorenübergreifenden Qualitätscockpit zusammengefasst. Ziel ist es strategische Entscheider der zentralen Notaufnahme zu unterstützen, Anomalien und Schwachstellen innerhalb der Rettungskette mittels entsprechender Qualitätsindikatoren zu identifizieren und z.B. Crowdingphasen proaktiv zu managen. Durch kontinuierliche Rückspiegelung der Erkenntnisse aus der Analyse der innovativen Qualitätsindikatoren, werden die Akteure der Notfallversorgungskette zu einer lernenden Organisation.

Implementierung: In der Region Fürth/Bayern wurden mit den Rettungsdiensten und dem Klinikum Fürth die relevanten Versorgungsabläufe der Rettungskette mit folgenden Systemen digital abgebildet: elektronischer Bettenkapazitätsnachweis (IVENA), digitale Einsatzdokumentation im Rettungsdienst und telemedizinische Voranmeldung (NIDA) sowie elektronische Notaufnahmedokumentation (E.Care) [4]. In einer Machbarkeitsstudie wurden ein Konzept zur Anonymisierung, Plausibilisierung, Validierung und Verknüpfung bestehender Sekundärdaten aus diesen präklinischen und klinischen Softwaresystemen entwickelt. Dieses Konzept wurde in einem Softwareprototyp implementiert, der auf Basis der verknüpften Daten sektorenübergreifende Qualitätsindikatoren berechnet.

Lessons learned: Die Machbarkeitsstudie konnte die Realisierbarkeit eines sektorenübergreifenden Qualitätscockpits auf Basis digital erfasster Routinedaten aufzeigen. Beispielhaft sind komplexe Qualitätsindikatoren wie die „diagnostische Effizienz" [5] und „Überlastung der Notaufnahme" abbildbar. Diese lassen sich zukünftig automatisiert verknüpfen, um jederzeit eine Auswertung der Situation der Notaufnahme abzuleiten und ggfs. Prozesse proaktiv zu managen. In der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Fürth hat die erste prototypische Implementierung eines Qualitätscockpits zur Steigerung der Wahrnehmung der sektorenübergreifenden Relevanz der Notaufnahme und zur Steigerung der Dokumentationsqualität sowie zum effizienteren Personaleinsatz geführt.

Schlussfolgerung: Die konsequente Vernetzung relevanter Akteure in der Notfallversorgungskette über digitale innovative Informationssysteme hat das Potential neue Messinstrumente zu entwickeln und die Versorgungsrealität gezielter abzubilden. Kontinuierliche Analysen sektorenübergreifender Qualitätsindikatoren ermöglichen die Identifizierung von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung und eröffnen Möglichkeiten, Schnittstellen in der Notfallversorgungskette durch ein gemeinsames Verständnis zu minimieren. Ein Qualitätscockpit kann Ärzte und Rettungs- und Pflegepersonal zusätzlich dabei unterstützen, schnelle und zielgerichtete Entscheidungen in Echtzeit zu treffen und somit einen Mehrwert für Patient und Versorger zu generieren.

Schlagwörter: Notfallmedizin, Innovative Qualitätsindikatoren, Lernende Organisation, Digitalisierung, Decision Support System

Referenzen:

[1] Güldner S, Mang H, Popp S, et al. Gedanken zur Fehler- und Sicherheitskultur in deutschen Notaufnahmen. Notfall + Rettungsmedizin. 2011;14(5):351.

[2] Stang AS, Crotts J, Johnson DW, et al. Crowding Measures Associated With the Quality of Emergency Department Care: A Systematic Review. Academic Emergency Medicine. 2015;22(6):643-56.

[3] Kulla M, Goertler M, Somasundaram R, et al. Bewertung von Qualitätsindikatoren für die Notaufnahme. Notfall + Rettungsmedizin. 2016;19(8):646-56.

[4] Eder PA, Dormann H, Krämer RM, et al. Telemedizinische Voranmeldung durch den Rettungsdienst bei Schwerverletzten - Fallbericht eines Verkehrsunfalls. Notf Rettungsmed. 2018.

[5] Dormann H, Diesch K, Ganslandt T, et al. Kennzahlen und Qualitätsindikatoren einer medizinischen Notaufnahme. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(15):261-7.